Sehr verehrter Herr Altbischof Johann Weber, Sie haben Ihren 90. Geburtstag gefeiert und blicken auf ein langes und bewegtes Leben zurück. Welche Stationen auf Ihrem Lebensweg waren für Sie die wichtigsten?
Für meine Zeit als Priester gibt es keine Abstufung, ob ich Kaplan oder aktiver Bischof war, alles hat seine Bedeutung.
Würde man an „Karriere“ denken und sie anstreben, so geht man am inneren Gehalt der Weihe vorbei.
Wohl habe ich eine wichtige und gute Erfahrung an meinen Eltern erlebt. Sie stammen aus einer sehr armen Familien und haben uns Kinder mit viel Geduld erzogen und behutsam begleitet. Ein großer Einschnitt in meinem Leben war auch mein Kriegsdient als ganz junger Soldat.
Sie sagten einmal: „Ich wollte mehr aus meinem Leben machen.“ Sie haben sehr viel „mehr“ daraus gemacht. Ihre Amtszeit als Bischof der Diözese Graz-Seckau umfasste 32 Jahre. Das ist eine beachtliche Zeit. Was hat Sie vor vielen Jahren dazu bewogen, sich für das Priesteramt zu entscheiden?
Ich habe unmittelbar nach dem Krieg begonnen Geschichte und Sprachkunde zu studieren. Ich wollte eigentlich Lehrer werden und
habe kaum an einen Beruf als Priester gedacht. Aber unmittelbar nach dem Krieg war die Not so bedrückend groß, dass ich bei aller Freude zu den beiden Studienrichtungen gespürt habe, dass ich eher einen Beruf haben möchte, bei dem ich anderen Menschen helfen und dienen kann. Innerhalb weniger Wochen entschied ich mich dann für das Priesterseminar. Niemand hat mich dazu gedrängt. Es war und bleibt mein eigener Wille.
Sie sind gebürtiger Andritzer und wurden nicht weit von unserem Haus St. Ulrich entfernt, am 26. April 1927 geboren. Sie wuchsen in Andritz auf und waren mit unserer Kirche, die dem Hl. Ulrich geweiht ist, liebevoll verbunden. Später folgten Sie dann dem Ruf unseres Herrn Jesus Christus und zogen in die Welt hinaus um das Evangelium zu verkünden. Sie standen allen Menschen immer mit mit Rat und Tat zur Seite. Im Dezember 2016 sind Sie, nach langer Pilgerschaft, wieder zu Ihren Wurzeln zurückgekehrt und verbringen nun bei uns im Haus St. Ulrich Ihren Lebensabend. Somit schließt sich der Kreis Ihres Lebensweges. Herr Bischof, wie gefällt es Ihnen bei uns und wie ist Ihr Eindruck von Ulrichsbrunn?
Ich bin sehr froh, dass ich nun hier wohnen kann. Menschlich werde ich sehr, sehr gut betreut und dafür bin ich dankbar.
Natürlich zahle auch ich den für alle vorgesehenen Betrag. Wichtig ist es, dass ich keinerlei Verantwortung für das Pflegeheim und für den Schwesternkonvent habe. Das lässt uns allen Freiheit. Der Platz Ulrichsbrunn ist zwar nicht sehr bekannt, aber aufgrund seiner herrlichen Wassergrotte und der Ruhe wird er doch von Vielen immer wieder gerne beuscht.
Herr Alt-Bischof, bei der Bevölkerung sind Sie heute noch als Volksbischof sehr beliebt und für Ihr offenes Ohr bekannt. Sie gehen auf die Leute zu, suchen das Gespräch mit ihnen und haben stets Worte, die zu Herzen gehen. Sie werden als „Brückenbauer“ zwischen Gott und den Menschen bezeichnet. Wie sehen Sie die Rolle des Bischofs in der heutigen Zeit und für die Zukunft?
Die Zeit der fürstlichen Bischöfe ist tatsächlich vorbei, dies wird immer wieder von unserem jetziger Papst betont und gelebt. Ich habe ein Leben lang versucht, die Menschen im Glauben zu schulen. Zugleich aber waren und bleiben diese Menschen, ob fromm oder nicht, noch heute meine Lehrmeister.
Das Konzil hat es ungefähr so gefordert: Die Freude und die Hoffnung, die Trauer und die Angst der Menschen von heute, sind auch die Freude und die Hoffnung, die Trauer und die Angst jener, die Christus nachfolgen wollen. So bin ich froh, dass ich mein ganzes Leben etwas lernen durfte. Von Professoren, ebenso von jungen Menschen in der Pubertät, von vereinsamten alten Witwen und von Leuten mit gescheitertem Leben, von Gläubigen und Ungläubigen, von Gesunden und Kranken.
Bei der Hl. Messe, die wir mit Ihnen feiern dürfen, ermutigen Sie uns jedes Mal durch das Wort Gottes, unseren Weg als Ordensschwestern tatkräftig weiter zu gehen, gemäß unserem Logo „Idi pa i ti cini tako – Gehe hin und handle genau so“. Dürfen wir Sie, sehr verehrter Herr Alt-Bischof, nun noch um ein Schlusswort bitten und eine Botschaft für unseren weiteren Weg?
Segnen, Segen empfangen und ein Segen sein!
Sehr geehrter Herr Bischof, meine Schwesterngemeinschaft und ich bedanken uns von ganzem Herzen. Sie sind ein Geschenk und Segen für uns. Schön, dass sie in unserem Haus leben. Danke für das Interview.
Schwester Agnes – Generaloberin
Graz 28.05.2017